Matthew 19

1Als Jesus diese Reden beendet hatte, verließ er Galiläa und zog durch das Ostjordanland in das Gebiet von Judäa.
Jesus reiste als nicht auf dem kürzeren und gewöhnlichen Weg durch Samaria Lu 9:51-56 nach Judäa, sondern er zog durch Peräa.
2Eine große Volksmenge begleitete ihn, deren Kranke er dort
In Peräa.
heilte.
3Da traten Pharisäer
Die in der Landschaft Peräa ansässig waren.
zu ihm; die wollten ihm eine Falle stellen und fragten ihn: "Darf jemand sein Weib aus jedem beliebigen Grund entlassen?"
Schon vor der Zeit Jesu war die Ansicht über die Gründe zu einer Ehescheidung in den Schulen der jüdischen Schriftgelehrten geteilt. In 5Mo 24:1 wurden die Worte: "Um etwa einer Unlust willen" oder richtiger: "Wenn er etwas Widerwärtiges an ihr entdeckt" in der Schule Schammais von etwas Schändlichem oder Lasterhaftem verstanden, während die Schule Hillels darunter jedes dem Mann Mißfällige verstand, so daß der Mann sein Weib schon dann entlassen könne, wenn sie ihm das Essen habe anbrennen lassen. Die Pharisäer hofften nun, Jesus werde auf ihre verfängliche Frage so antworten, daß sie eine der über die Ehescheidungsfrage zankenden Schulen Hillels oder Schammais gegen ihn aufhetzen könnten. Aber, ohne sich auf die Schulstreitigkeiten einzulassen, erklärte Jesus deutlich und bestimmt: Jede Lösung des Ehebandes ist verboten. Denn V9 erlaubt wohl eine Trennung im Fall der Unzucht, nicht aber eine Wiederverheiratung.
4Er antwortete: "Habt ihr nicht gelesen, daß der Schöpfer im Anfang die Menschen als Mann und Weib geschaffen hat? 5Und er hat gesagt: Deshalb wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich aufs engste mit seinem Weib verbinden, und beide werden eins sein.
Wörtlich: "Ein Fleisch sein." 1Mo 2:24.
6Sie sind als nicht mehr zwei, sondern eins. Was nun Gott vereinigt hat, das soll der Mensch nicht trennen!" 7Sie sprachen zu ihm: "Warum hat denn Mose geboten, der Mann solle
Wenn ihm die Fortführung der Ehe unmöglich erscheine.
der Frau einen Scheidebrief ausstellen und dürfe sie dann aus seinem Haus entlassen?"
5Mo 24:1. An dieser Stelle handelt es sich übrigens um kein Gebot, sondern nur um eine Erlaubnis, wie Jesus auch in seiner Antwort hervorhebt.
8Er antwortete ihnen: "Wegen eurer Herzenshärtigkeit
Um noch größeres Übel abzuwenden.
hat euch Mose erlaubt, eure Frauen zu entlassen. Doch anfangs ist es nicht so gewesen.
9Ich sage euch aber: "Wer sein Weib aus einem anderen Grund entläßt als wegen Unzucht und eine andere heiratet, der ist ein Ehebrecher. Und wer eine (von ihrem Mann) entlassene Frau zum Weib nimmt, der ist auch ein Ehebrecher." 10Da sprachen die Jünger zu ihm: "Wenn es zwischen Mann und Weib so steht, dann ist es besser, nicht zu heiraten." 11Er antwortete ihnen: "Nicht jeder ist dazu
Ehelos zu bleiben.
fähig, sonder der allein, dem es verliehen ist.
Dem von Gott die besondere Gnadengabe zuteil geworden ist, ehelos zu bleiben. 1Kor 7:7-9
12Es gibt Ehelose, die von Geburt an zur Ehe untüchtig sind,
Weil ihnen die Zeugungsfähigkeit mangelt.
und es gibt Ehelose, denen durch Menschen die Fähigkeit zur Ehe genommen worden ist;
Und zwar durch Entmannung.
aber es gibt auch Ehelose, die mit Rücksicht auf das Königreich der Himmel freiwillig auf die Ehe verzichtet haben.
Um dem Herrn mit ungeteilter Hingebung dienen zu können. 1Kor 7:29-34
Wer dazu fähig ist,
Freiwillig auf die zu verzichten.
der tue es!"
13Dann brachte man kleine Kinder zu ihm, damit er ihnen unter Gebet die Hände auflege. Die Jünger aber fuhren die Leute
Die die Kinder brachten.
mit rauhen Worten an.
14Doch Jesus sprach: "Laßt die kleinen Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran! Denn gerade ihnen ist das Himmelreich bestimmt." 15Dann legte er ihnen die Hände auf und verließ den Ort. 16Und siehe, einer trat an ihn heran und fragte: "Meister, was für ein gutes Werk muß ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?" 17Er antwortete ihm: "Warum fragst du mich nach dem, was gut ist? Nur ein einziger ist gut. Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote." 18Er sprach zu ihm: "Welche?" Jesus erwiderte: "Diese: Du sollst nicht morden, nicht ehebrechen, nicht stehlen, nicht falsches Zeugnis ablegen! 19Ehre Vater und Mutter! Und: du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." 20Der Jüngling sprach zu ihm: "Dies alles habe ich treu erfüllt. Was fehlt mir noch?" 21Da antwortete ihm Jesus: "Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe deine Habe und gib das Geld den Armen: so wirst du einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir!"
Der reiche Jüngling (V20.22) glaubte, sich durch gute Werke das ewige Leben verdienen zu können. Nun wollte er von Jesus wissen, welches gute Werk er ganz besonders tun müsse. Jesus zeigte ihm, daß er auf ganz verkehrtem Weg sei. Nur einer ist gut: Gott. Die Menschen hingegen sind allesamt von Natur böse und können deshalb aus eigener Kraft nichts Gutes tun. Doch hat ihnen der allein gute Gott den Weg gezeigt, auf dem sie zum Leben eingehen können; dieser Weg ist der Gehorsam gegen die von Gott dem Volk Israel gegebenen Gebote. Neuer Gebote bedarf es also nicht. In seiner Oberflächlichkeit meint nun der Jüngling, mit den alten bekannten Geboten sei er längst fertig. Darauf fordert Jesus etwas von ihm, was ihn zur wahren Selbsterkenntnis bringen sollte. Der Jüngling hielt sich schon für vollkommen gerecht. Aber er sollte einsehen, daß die Vollkommenheit nur dann für ihn zu erlangen sei, wenn er in Jesu Nachfolge alles Irdisch aufopfern könne.
22Als der Jüngling das hörte, ging er traurig weg, denn er hatte ein großes Vermögen.
Die Betrübnis des Jünglings zeigt, daß wenigstens ein Anfang der Sinnesänderung bei ihm eingetreten war; es fehlte ihm aber die Kraft zum völligen Durchbruch, weil sein Herz an seinem Reichtum hing.
23Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: "Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher kommt nur schwer ins Königreich der Himmel. 24Ja ich sage euch: Ein Kamel kommt leichter durch ein Nadelöhr als ein Reicher in Gottes Königreich."
Ähnlich heißt es in der 7. Sure des Korans: "Siehe, denen, die unsere Zeichen der Lüge zeihen und sich hoffärtig von ihnen abwenden, sollen die Tore des Himmels nicht geöffnet werden, und sie sollen nicht eher eingehen ins Paradies, als bis ein Kamel durch ein Nadelöhr geht." Im Talmud ist öfter sprichwörtlich die Rede von dem Elefanten, der durch ein Nadelöhr geht.
25Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sprachen: "Ja, wer kann dann überhaupt gerettet werden?" 26Jesus aber sah sie an und erwiderte: "Mit menschlicher Kraft ist das zwar nicht möglich; mit Gottes Hilfe aber ist alles möglich."
Die Menschen können durch eigene Kraft die Errettung oder Seligkeit nicht erlangen, wie der reiche Jüngling meinte; aber mit Gottes Hilfe können alle, auch die Reichen, die größten Hindernisse hierbei überwinden.
27Da nahm Petrus das Wort und sprach zu ihm: "Sieh, wir
Im Gegensatz zu dem reichen Jüngling.
haben alles aufgegeben und sind dir nachgefolgt. Welcher Lohn wird uns dafür?"
28Jesus antwortete ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Wenn der Menschen zur Zeit der Wiedergeburt auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt, dann sollt auch ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels als Herrscher leiten.
Das in diesem Vers mit "Wiedergeburt" übersetzte griechische Wort palingenesia kommt nur noch einmal im Neuen Testament vor und zwar Tit 3:5. Dort bedeutet es die Wiedergeburt durch die Taufe. An unserer Stelle ist aber die allgemeine Welterneuerung Apg 3:21 damit gemeint (vgl. auch 2Pe 3:13, Off 21:1). Bei den stoischen Philosophen bedeutete palingenesia das Wiedererstehen der Welt aus dem allgemeinen Weltbrand.
29Ja jeder, der Geschwister, Eltern, Weib und Kind oder Äcker und Häuser um meines Namens willen fahren läßt, der soll reichen Ersatz dafür empfangen und das ewige Leben als Erbe bekommen. 30Doch in vielen Fällen werden die Ersten die Letzten und die Letzten die Ersten sein.
Petrus und die anderen Apostel, die nach einem besonderen Lohn trachten, sollen bedenken, daß manche, die nach menschlicher Ansicht viel im Reich Gottes geleistet haben und an erster Stelle stehen, schließlich nach Gottes Urteil nur einen geringen Lohn und die letzten Plätze erhalten werden. Dies wird nun durch das folgende Gleichnis erläutert.
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